Während die ersten guten Vorsätze Anfang Februar schon über Bord geworfen werden, sind einige Entwicklungen gekommen um zu bleiben: WPR präsentiert sechs Recruiting- und HR-Trends, die das Jahr 2023 beeinflussen werden.
1. Rohdiamanten finden durch Diversität und Inklusion
In Zeiten des Fachkräftemangels ist die Aufgabe des Recruiting, nach verborgenen Schätzen unter möglichen Kandidat*innen zu suchen. Zeit also, verstärkt den Blick auf die Menschen zu werfen, für die ein (Wieder-)Einstieg in den Arbeitsmarkt meist mit Hürden verbunden ist. Besonders für Mütter und Menschen mit Behinderung können Bewerbungsverfahren leider immer noch frustrierend sein. Ängste der Unternehmen bezüglich Krankheitstage und Kündigungsfristen werden dabei nur hinter vorgehaltener Hand besprochen. 2023 heißt es aber: „Keine Scheu!“ und „Talenten ganz unvoreingenommen eine Chance geben“. Familienfreundliche Arbeitsmodelle wie Homeoffice, flexible Arbeitszeiten oder ein Betriebskindergarten ermöglichen Müttern einen einfacheren Wiedereinstieg in den Beruf. Viele von ihnen sind hoch qualifizierte Fachkräfte, die Unternehmen insbesondere in diesen Zeiten dringend benötigen. Agenturen wie „Inklupreneur“ unterstützen Unternehmen auf dem Weg zu einer inklusiven Arbeitsatmosphäre und vermitteln gleichzeitig Menschen mit Behinderungen auf dem Arbeitsmarkt. Eine Win-win-Situation, denn während so mehr und mehr Menschen eine Chance in der Berufswelt erhalten, fördert eine diverse und inklusive Unternehmenskultur die Produktivität und das Miteinander. Als Bindeglied zwischen den Parteien ist es die Aufgabe des Recruitings, die Kompetenzen der Kandidat*innen zu erkennen, sie zu ermutigen, ihre Potenziale auszuschöpfen, und sie durch diesen Prozess zu begleiten.
2. Der Bewerbungsprozess als All-inclusive-Paket
2023 stehen alle Zeichen auf einer transparenten, sorgsamen Candidate Journey mit ehrlichem Feedback zu Bewerbungsunterlagen und ‑gesprächen, ein echtes All-inclusive-Paket den gesamten Prozess hindurch. Denn während das LinkedIn-Postfach der Kandidat*innen fast überläuft, schaffen es nur wenige Personaler, sie beratend durch den gesamten Prozess zu begleiten. Um sich von anderen abzusetzen, wird dieses Jahr ein besonderes Augenmerk auf die Candidate Journey gelegt. Sie beschreibt den Weg, den ein*e Bewerber*in bis zum ersten Arbeitstag zurücklegt. Das Recruitment übernimmt hierbei noch mehr als in den letzten Jahren die Rolle des Beraters und begleitet durch den Prozess als Ansprechpartner*in. Ausführliche Informationen zum Auswahlprozess, über das Unternehmen und die Stelle sind ein Muss und werden 2023 zunehmend eingefordert. Neben Feedback zu Bewerbungsunterlagen sollte den Bewerber*innen transparent geschildert werden, was sie in Bewerbungsgesprächen erwartet, sodass sie sich entsprechend vorbereitet fühlen. Je angenehmer die Candidate Journey für die Kandidat*innen, desto größer die Arbeitszufriedenheit später. Unternehmen profitieren durch eine höhere Produktivität, engere Verbundenheit im Team und eine niedrigere Fluktuation. Wenn das kein Grund ist, Kandidat*innen dieses Jahr ein echtes All-inclusive-Angebot zu bieten?!
3. Passgenaue Ansprache durch Künstliche Intelligenz
Ob Chatbots oder intelligente Recruitingseiten – KI ist auch im Recruiting nicht mehr wegzudenken und auch 2023 darf sich die Personaler-Welt auf spannendste Veränderungen freuen. Speziell im Recruiting hilft der Algorithmus dabei, Aufgaben zu automatisieren und zu optimieren. Sei es die Ansprache von Kandidat*innen durch Chatbots, die geeignete Wahl von Plattformen oder die Verbesserung von Stellenanzeigen: Künstliche Intelligenz kann Personalern mühsame und zeitaufwendige Aufgaben abnehmen. 2023 werden sich insbesondere das smarte Abgleichen von Lebensläufen mit den Anforderungen der Stelle, und das Matching weiterentwickeln. Hier ermittelt der Algorithmus passende Kandidat*innen aus Datenbanken und ordnet sie passenden Stellen zu. Die Technologie, die immer dazu lernt, ist insbesondere in den USA und in Asien nicht mehr wegzudenken. Auch hier in Deutschland ist der Markt für KI-Anwendungen groß und wird im kommenden Jahr weiter wachsen.
Der smarte Recruitingroboter Vera, der von dem russischen Start-up Strafory entwickelt wurde, wird bereits von mehr als 300 Unternehmen genutzt. Dazu zählen bekannte Größen wie IKEA, Pepsi und L’Oréal. Zweisprachig kann der Roboter mehrere Hundert Bewerbungsgespräche am Tag führen und ist in der Lage, geeignete Kandidat*innen aus Branchen wie Sachbearbeitung, Gastronomie oder Handwerk zu identifizieren. Unternehmen wie SAP nutzen KI-Anwendungen in dieser Form zwar heute bereits in Deutschland - zum Standard sind sie hier aber noch nicht geworden. 2023 werden wir Vera und ihre Kolleg*innen sicher besser kennenlernen.
4. Gamification: So wird Recruiting zum Kinderspiel
Ein kurzes Quiz oder Logikspiel erweckt die Aufmerksamkeit und schon fesselt einen der Ehrgeiz, bis die Lösung gefunden oder der Gegenspieler besiegt ist. Gamification, ein Trend, der Prozesse einer bestimmten Zielgruppe durch Spiele näherbringen will, wird 2023 auch im Recruiting noch stärker als bisher genutzt und auch „Recruitainment" genannt. Ziel des Spiels ist es, geeignete Kandidat*innen für ein Unternehmen anzuziehen und zu ermitteln. In der Vorselektion sind es vor allem bunte „Selbsttests“, die spielerisch Informationen über das Unternehmen vermitteln sollen. Hierbei können Teilnehmende und Unternehmen herausfinden, ob sie zueinander passen. Ist das der Fall, lässt die Revanche nicht lange auf sich warten, denn auch im eigentlichen Bewerbungsprozess werden Spiele eingesetzt, um langwierige Verfahren aufzulockern. Gleichzeitig ermittelt eine Software hinter den elektronischen Spielen Informationen zu logischem Denken, Kreativität und Risikobereitschaft der Kandidat*innen. 2023 macht Gamification das Finden und Auswählen von Kandidat*innen somit spielend leicht.
5. Von Recruiting zu Sellcruiting
Die letzten Jahre und der zunehmende Fachkräftemangel zeigen bereits, dass sich die klassische Rollenverteilung zwischen Talenten und Unternehmen in einigen Branchen umkehrt. Neue Herausforderungen für Recruiter, die dazu gezwungen sind, sich als Schnittstelle zwischen Talenten und Unternehmen umzuorientieren. 2023 entwickelt sich Recruiting deshalb zu Sellcruiting. Hierbei wird die freie Stelle nicht einfach nur angeboten, sondern wie eine Art „Job-Produkt“ an potenzielle Talente verkauft. Personaler müssen dabei die Bedürfnisse ihrer Zielgruppe, also die der passend qualifizierten Kandidat*innen, verstehen und ihnen die Vorteile aufzeigen. Etablierte Methoden aus dem Handel und dem Vertrieb können 2023 helfen, Talente für eine Stelle zu gewinnen. Ganz nach dem Motto „der Kunde ist König“ ist es wichtig, den Kandidat*innen die USPs (Unique Selling Points) der Stelle aufzuzeigen und ihnen Raum für realistische Forderungen einzuräumen. Wichtig ist hierbei, trotz des Verkaufes transparent und ehrlich zu beraten. 2023 wird Recruiting umgedacht, aber nicht neu erfunden. Active Sourcing und Employer Branding eignen sich hervorragend, um Kandidat*innen die Vorteile der Stelle vorzustellen.
6. Neu auf dem Arbeitsmarkt: Hallo Generation Z
Die Generation Z, also Menschen, die grob zwischen 1997 und 2012 geboren wurden, fassen langsam, aber sicher Fuß auf dem Arbeitsmarkt. Mit der frischen Energie spülen sie auch Themen in die Unternehmen, die auf Mitarbeitende aus anderen Generationen befremdlich wirken können. Die sogenannten „Post-Millennials“ zeichnen sich durch einen starken Drang nach Selbstverwirklichung aus und suchen nach Sinnhaftigkeit in ihrer Arbeit. Dabei sind ihnen flache Hierarchien und Work-Life-Balance wichtiger als ein schneller Aufstieg. Speziell im Recruiting lohnt es deshalb, diese Themen näher zu besprechen und den Nachwuchskräften aufzuzeigen, welchen Impact sie mit der Stelle auf ihre Umwelt haben. Sowohl in der Ansprache als auch in Bewerbungsgesprächen können spannende Corporate Social Responsibility-Projekte des Unternehmens vorgestellt, über die enge Zusammenarbeit im Team gesprochen oder die New Work-Angebote angepriesen werden. Wichtig ist, den Zs dabei auf Augenhöhe zu begegnen. Besonders gut sind sie übrigens über Social Media Recruiting oder auf Online-Jobbörsen-Seiten zu erreichen.
Das erwartet uns 2023
Recruiting im Jahr 2023 wird noch digitaler und bunter. Im Fokus steht dabei, eine Stelle mit all ihren Vorteilen zu verkaufen und Kandidat*innen während des Bewerbungsprozesses ganzheitlich und transparent zu betreuen. Der Arbeitsmarkt wird bunter und so verändern sich auch Rekrutierungsprozesse und Gesprächsformen. Gleichzeitig schreitet die Digitalisierung voran und Prozesse werden automatisiert und optimiert. Gamification und smarte Recruiting-Bots eröffnen neue Rekrutierungswege und machen 2023 zu einem spannenden Jahr für die gesamte Branche, auf das wir uns freuen dürfen.